Telegram Logo auf blauem Hintergrund Juni 24, 2023

Die Gefahren durch Telegram

Was Eltern über den beliebten Messengerdienst wissen sollten

Der Messengerdienst Telegram soll gegenüber anderen Diensten eine verschlüsselte und datensichere Alternative für Benutzer bieten. Schätzungsweise 11 Mio. Menschen in Deutschland (2021) und 700 Millionen Menschen weltweit nutzen den Service der russischen Brüder Pavel und Nikolai Durov. Die große Gefahr, die von den Gruppen und Kanälen insbesondere für Kinder und Jugendliche ausgeht, wird jedoch meist verschwiegen, unterschätzt oder zu spät erkannt.

Gruppen und Kanäle auf Telegram: Ein unkontrollierter, rechtsfreier und anonymer Raum

Im Gegensatz zu anderen Messengerdiensten gibt es auf Telegram eine große Zahl an illegalen, gewaltverherrlichenden und betrügerischen öffentlichen Gruppen und Kanälen. Der Zutritt zu diesen Gruppen und Kanälen ist innerhalb weniger Sekunden möglich.

Während in Gruppen jedes Gruppenmitglied Inhalte teilen und verbreiten kann, sind Kanäle nur für den Konsum der Inhalte bestimmt. Hier kann lediglich ein Account Inhalte posten, was einen Austausch, eine kritische Meinung oder ähnliches unmöglich macht. Das Besondere auf Telegram: Problematische Inhalte können gemeldet werden, werden aber in der Regel nicht gelöscht oder berichtigt. Eine höhere Instanz, die Falschmeldungen oder illegale Aktivitäten überprüft und entsprechend anzeigt, scheint nicht zu existieren. Anders, als andere soziale Netzwerke, gilt Telegram daher als eine Art „rechtsfreier Raum“, in dem illegale, gewalthaltige und falsche Inhalte einfach verbreitet und konsumiert werden können. Auch Innenministerin Faeser drohte bereits mit der Abschaltung, da diese App besonders bei Rechtsextremen sehr beliebt ist und häufig genutzt wird (Quelle: Handelsblatt).

Die End-to-End-Verschlüsselung des Messenger-Dienstes sowie die Selbstzerstörungsfunktion der Chats waren zunächst dazu gedacht, private Inhalte vor fremden Zugriffen zu schützen und die absolute Meinungsfreiheit zu sichern. Nun sind es genau diese Alleinstellungsmerkmale von Telegram, die illegale Aktivitäten ermöglichen und fördern. Dabei können die Nutzer komplett anonym bleiben.

Es ist überhaupt keine Frage – Was auf Telegram in Umlauf gebracht wird ist nicht nur widerlich und unanständig, sondern es ist in vielen Fällen eben auch kriminell. Das geltende Strafrecht ist da völlig eindeutig.

Marco Buschmann, Bundesjustizminister, FDP (Interview Tagesthemen ARD, 13.12.2021)

Einfacher Zugang zu illegalen und verstörenden Inhalten

Gerade die Kanäle und Gruppen bieten einen schnellen und einfachen Zugang zu Fake News, Propaganda, illegalen Drogen, Kreditkartendaten, Waffen, aktuellen höchst verstörenden Gewaltvideos aus Kriegsgebieten wie beispielsweise der Ukraine oder Inhalten voller Hass und Hetze durch rechtsextreme oder terroristisch motivierte Gruppen. Besonders problematisch: Ein Smartphone oder ein PC genügt, um Zugang zu den Inhalten zu erhalten. Mit wenigen Klicks innerhalb weniger Sekunden können auch Kinder und Jugendliche auf diese Inhalte zugreifen und das oben benannte Material herunterladen oder weiterverbreiten. Auch terroristische Angriffe wurden bereits laut Berichten über Telegram geplant, koordiniert und verbreitet (Quelle: US-Justizministerium, The Guardian, Die Welt).

Die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche

Die Nutzung von Telegram gefährdet besonders junge Menschen, da keine Altersbeschränkung vorliegt und kaum Eintrittsbarrieren existieren. Somit kann jede Person, egal welchen Alters, die ein internetfähiges Gerät besitzt, solche Inhalte konsumieren. Häufig werden Videos auch auf das eigene Gerät heruntergeladen und dann mit Freunden oder auf anderen Plattformen weiterverbreitet. Für Kinder und Jugendliche können solche Inhalte langfristig die Entwicklung beeinflussen. Meinungen können verzerrt oder verstärkt, Hemmschwellen zu Gewalt oder Hetzrede gesenkt und ein kompetenter Umgang mit Medien und Nachrichten erschwert werden.

Unsere Handlungsempfehlung im Umgang mit der Nutzung von Telegram durch Kinder und Jugendliche

Wir betrachten den Messengerdienst höchst kritisch und besonders für Kinder als höchst gefährlich. Die im Folgenden dargestellten Handlungsempfehlungen sind selbstverständlich individuell und je nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes zu betrachten.

  • Generell empfehlen wir, Kindern unter 14 Jahren keinen Zugang zu Telegram zu ermöglichen.
  • Sprechen Sie mit Kindern und Jugendlichen über ihren Umgang mit Telegram. Machen Sie sie auf die Gefahren der Nutzung aufmerksam und stellen Sie sich als Gesprächspartner zur Verfügung. Weisen Sie besonders auf den Umgang mit expliziten Inhalten und deren Auswirkungen hin und seien Sie offen für Gespräche über das, was das Kind dort gesehen hat und was es eventuell beschäftigt.
  • Richten Sie Zugriffskonten für bestimmte Apps in den Einstellungen ein.
  • Aktivieren Sie die Zugriffskontrolle für Telegram auf dem Smartphone des Kindes per Fingerabdruck oder Code und stimmen Sie nur bei gezielten Aktivitäten zu.
  • Überprüfen Sie genutzte Gruppen, Kanäle und den Suchverlauf nach Rücksprache mit dem Kind oder Jugendlichen.
  • Deaktivieren Sie die Push-Benachrichtigungen, damit Telegram nicht direkt mit Inhalten die Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann.

Weitere Informationen zur Stärkung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen sowie Anlaufstellen für Hilfe finden Sie hier:


Wo hört Meinungsfreiheit auf und wo beginnt Verantwortung?

Wir wissen, dass Telegram in erster Linie nicht für diese extremen Inhalte entworfen wurde. 

Die Vision des Gründers Pavel Durov, jedem und jeder die uneingeschränkte Meinungsfreiheit zu ermöglichen, ist im Grunde eine Vision, die auch wir unterstützen. Gerade in Zeiten staatlich kontrollierter Medien in Nicht-Demokratien können solche Kommunikationsmedien wichtige Informationsquellen darstellen. Dieser Freiheit steht jedoch der Missbrauch durch ideologisch motivierte Gruppen, Falschinformationen, Gewalt, Hass und Hetze entgegen. Daher besteht im Sinne des Jugendschutzes durch Erziehungsberechtigte und Betreuer hier ein dringender Handlungsbedarf.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.